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Lieux de Mémoire
«In die Vergangenheit kann niemand mehr zuruckkehren, an Orte schon»: So charakterisiert die Gedachtnisforscherin Aleida Assmann das Langzeitprojekt von Florian Bachmann. Seit Jahren besucht und fotografiert er ungewohnliche Erinnerungsorte in der Schweiz. Seine Schwarzweissfotografien sind so beilaufig wie prazise: unauffallige Vergegenwartigungen einer mal uberwachsenen, mal weggewischten oder uberbauten Ereignisspur der Vergangenheit. Die Geschichten hinter den Bildern hat der Historiker Stefan Keller zusammengetragen, alphabetisch geordnet nach den Titeln der Fotos: von Amoklauf bis Wassenmeister. Die Werkserie ist eine offene Sammlung.
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      Hinrichtung   Hinrichtung – Genf.
Unter Sodomie verstanden die Mächtigen seit dem 6. Jahr-hundert jede sexuelle Praktik, die sich nicht auf Fortpflanzung ausrichtete. Also auch die Homosexualität. Sie beriefen sich dabei auf Briefe des Apostels Paulus im Neuen Testament. Homosexuelle wurden getötet, daran änderte auch die Reformation nur wenig: 1566 steht im calvinistischen Genf der fünfzehjjährige Student Bartholomé Tecia wegen «widernatürlicher Annäher-ungen» vor Gericht. Nach Folter und Todesurteil bringen ihn seine Henker in die Mitte der Rhone, dort wird er so lange unter Wasser gedrückt, bis er sich nicht mehr bewegt und ertrunken ist.
   
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      New Glarus   New Glarus – Mühlebachtal GL.
1845 schickt der neu gegründete Glarner Auswanderungsverein zwei Män- ner in die USA, um Land zu kaufen. Es ist eine Zeit des Elends und des Hungers. Die Bevölkerung wächst, die junge Industrie wird von Krisen ge-schüttelt. Als Mittel der Sozialpolitik erscheint die Auswanderung.
In Wisconsin werden die Glarner Abgesandten fündig, und kaum haben sie die Ländereien abge- steckt, auf denen Reste von indigenen Siedlungen zu sehen sind, treffen erste Migrant:innen ein. Ihre Abschiebung nach Amerika wird unter anderem mit dem Abholzen von Wäldern finanziert, etwa in Engi oder Linthal in der heutigen Gemeinde Glarus Süd.
   
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      Steinbockschmuggel   Steinbockschmuggel –St. Gallen.
Als Ostschweizer Kind steht man irgendwann im St. Galler Tierpark Peter und Paul. Sieht die künstlichen Felsen mit echten Steinböcken, hört staunend, dass diese Art in der Schweiz hundert Jahre lang ausgerottet war und von hier aus wieder angesiedelt wurde. 1906 hatte man ein paar Jungtiere dem italienischen König geklaut, der in einem Jagdreservat eine letzte Herde hielt. In die Schweiz geschmuggelt und im Tierpark akklimatisiert, wurden sie, fast wie heute die Bartgeier, in Kisten auf die Berge getragen. Mittlerweile darf Steinwild sogar wieder geschossen werden.
   
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      Gasförderung blindblind Gasförderung – Finsterwalt LU. 1980 stösst eine Probebohrung im Entlebuch auf Erdgas. 1985 beginnt die AG für luzernisches Erdöl in Finsterwald mit der Ausbeutung. Das Gas wird in die nur sechs Kilometer entfernte Pipeline von Holland nach Italien eingespeist. In neun Jahren fördert man so 73 Millionen Kubikmeter, das sind drei Prozent eines schweizerischen Jahres-sverbrauchs, und die Erdgas-preise sinken. 1994 wird die Produktion abrupt eingestellt. Ohne die Bohrkosten von dreissig Millionen zu rechnen, gilt das Unternehmen als rentabel. Die Rückstel- lungen reichen aus, um das Loch mit Beton zu füllen. Und die Suche geht weiter.    
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Versuchsreaktor

 

Versuchsreaktor - Lucens VD.
Als am 21. Januar 1969 in einer Kaverne im waadtländischen Lucens der Atomreaktor explodiert, erfährt das die lokale Bevölkerung nach sieben Stunden aus dem Radio. Es ist ein Versuchsreaktor, in der Schweiz entwickelt, mit dem man hofft, ausser Strom auch Material für Atomwaffen zu gewinnen. Gebaut von einem Konsortium und vom Bund finanziert, funktioniert die Anlage nur drei Monate, bevor sie überhitzt. Der Vorfall wird später als siebtschwerste Reaktor-katastrophe weltweit eingestuft. Die Dekontaminierung dauert bis 2003. Die Stollen füllt man mit Beton auf. Radioaktivität sei nur wenig ausgetreten.

   
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      Frauenstimmrecht blindblind Frauenstimmrecht - Unterbäch VS.
Die NZZ findet das Vorgehen «dämlich» und meldet Monate später frohlockend, der «Frauenstimmrechtler» Peter von Roten – den sie als Initianten identifiziert hat – sei aus dem Grossen Rat abgewählt worden. Er ist der Ehemann von Iris von Roten, einer feministischen Pionierin der Schweiz. Die Verantwortung trägt aber der Gemeinderat von Unterbäch VS, der beschlossen hat, bei der eidgenössischen Abstimmung über einen obligatorischen Zivildienst für Frauen auch diese selber zu fragen. 33 Frauen stimmen am 3. März 1957 erstmals ab, ihre Zettel kommen in eine separate Urne. Die Stimmen werden vom Bund für ungültig erklärt.
   
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Handgranatenhügel

 

Handgranatenmulde - Zürich. Anfangs war der Exerzierplatz der 1876 fertiggestellten Zürcher Kaserne nicht umzäunt, die Bevölkerung der umliegenden Viertel tummelte sich darauf, was den Militärbetrieb störte. Gegen den Widerstand der Gemeinde Aussersihl baute der Kanton schliesslich Zäune, und aus dem Gelände mitten in der Stadt wurde eine verbotene Zone. Der Zaun verhinderte auch, dass die aufmüpfigen Arbeiter:innen, die oft mit der Armee bekämpft wurden, die Kaserne einfach erobern konnten. Alte Bilder zeigen emsigen Dienstbetrieb. In die abgebildete, von Dornen überwachsene Mulde hat man bis 1986 wohl Übungshandgranaten geworfen.

   
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      Tanklager   Tanklager – Eglisau ZH.
«Schöner, sicherer, wirtschaftlicher», titelte die Migros-Zeitung «Die Tat» 1960 über einem Bericht zu den unter- irdischen Pflichtlagern der Ölfirma Migrol bei Eglisau. Schöner, weil keine Tanktürme die Aussicht störten.
Sicherer, weil im Kriegsfall alles gut vergraben war. Wirtschaf-tlicher, weil die Buchhalter das glaubten. Aber warum direkt am Rhein in Eglisau? Die Migros setzte auf die Hochrheinschiff-fahrt und hätte an dieser Stelle einen eigenen Ölhafen bauen wollen. Die Tankschiffe kamen nie, die unterirdischen Anlagen wurden 1986 stillgelegt, aber erst drei Jahrzehnte später ausgegraben.